prolokratie
Auf den ersten blick wirkt das buch ja ganz originell, „demokratisch in die pleite“ und „streitschrift gegen die macht des pöbels“ lässt einiges erwarten: eine launige analyse der gesellschaft aus „Kevins und Jessicas“, die nicht bis vier zählen können, aber wählen dürfen, einen tabubruch mit der political correctness, eine intellektuelle bestätigung der impulse die einen überkommen, wenn man zufällig mal ATV aufdreht...
Ortners befund der derzeitigen politischen verhältnisse lautet: die ungebildete, unreflektierte, ja strohdumme mehrheit der wahlberechtigten wählt nur jene politiker welche die größten sozialleistungen versprechen. Da diese (dumme) mehrheit nicht nur dumm, sondern auch nettoempfänger (im gegensatz zu den wenigen, klugen nettozahlern) der staatlichen gelder ist, wählt sie die demokratie damit zusehends in die unausweichliche pleite. Hier, so Ortner komme die demokratie an ihre grenze. Das „Betriebssystem“ demokratie könne nur funktionieren, wenn „die Verblödung der Mehrheit ein bestimmtes Ausmaß nicht überschreitet“.
Was Ortner leider schuldig bleibt, wäre ein beleg für seine implizite behauptung, dass die mehrheit der wähler nicht nur ungebildet und doof, sondern auch „leistungsfeindlich“ ist. Der schluß, dass die mehrheit der bevölkerung auf niedrigem lohnniveau erwerbstätig ist und daher faul und arbeitsunwillig ist, ist nirgends begründet.
Der oft zitierten zusammengehörigkeit der begriffe Freiheit und Demokratie kann Ortner so gar nichts abgewinnen. Freiheit bedeutet für Ihn offenbar nur wenig (oder keine) steuern zahlen zu müssen. Vergiss meinungs- oder pressefreiheit, religionsfreiheit, eigener lebensentwurf, freie partnerwahl, selbstbestimmung ... schnickschnack! An der abgabenquote ist laut Ortner das wahre ausmaß der freiheit abzulesen!
Als leuchtende gegenbeispiele zu den darniederliegenden systemen in europa nennt Ortner länder wie China, Oman, u.a. Hier sei mitunter kometenhaftes wirtschaftswachstum zu vermerken, ohne demokratie. Die bettelarmen chinesen zb sind völlig undemokratisch zu einigem wohlstand gekommen. Dass der chinesische wohlstand keine mehrheit der bevölkerung, sondern lediglich eine kleine reiche oberschicht erreicht, vergisst Ortner dazu zu sagen. Auch die faktoren, auf deren kosten das wirtschaftswachstum erzielt wurde - Gesundheit, Soziale sicherheit, Ökologie!, Arbeitsrecht usw. - werden mit keinem wort erwähnt.
Zum ende des buches wird’s dann allerdings richtig haarsträubend. Als schlussfolgerung aus dem beschriebenen befund und zur rettung der demokratie schlägt der autor vor – eh klar, die staatlichen leistungen radikal zu kürzen, und den staat zu verschlanken sprich von aufgaben zu befreien. Und welche staatliche aufgabe ist es, die Ortner da als erste (und einzige) einfällt? Das schulwesen! Das schulwesen soll privatisiert werden, damit der staat zum einen die ausgaben spart und andererseits das schulwesen der politischen einflußnahme (und damit der einflußnahme der doofen wähler) entzogen ist ! Nachdem der autor sich 80 seiten lang, teilweise sehr humorig darüber verbreitert, dass die mehrheit der wählerschaft zu doof ist auch nur die einfachsten (politischen) zusammenhänge zu verstehen, endet er nicht mit einer radikalen idee der bildungsreform, gerät das buch nicht zum flammenden appell für mehr und bessere bildung um aus Kevin und Jessica mündige wähler zu machen, nein, das schulsystem soll privatisiert und zum „Produkt“ schule werden (welches sich dann aber wahrscheinlich nur noch die „leistungstragende Minderheit“ wird leisten können) – that’s it!
Gegen ende des buches liebäugelt Ortner noch mit dem vorschlag des ökonomen August von Hayek wonach es wohl besser wäre, „alle Staatsbediensteten und Empfänger von öffentlichen Unterstützungen vom Wahlrecht auszuschliessen“. Abgesehen davon, dass diese idee wohl politisch nicht durchsetzbar wäre, fällt Ortner nichts dagegen zu sagen ein.
Und damit ist wohl auch die eigentliche meinung des Autors offenbart und es wird durchsichtig, für welche tendenz und gedankliche stoßrichtung Ortners buch ausdruck ist: eine kleine Minderheit selbsternannter „Leistungsträger“ erklärt den rest der gesellschaft rundheraus zu sozialschmarotzern und leitet daraus die berechtigung für diktatorische Maßnahmen ab. Ob das unsere unausweichliche zukunft ist?
(prolokratie
von Christian Ortner
erschienen bei edition a)
Ortners befund der derzeitigen politischen verhältnisse lautet: die ungebildete, unreflektierte, ja strohdumme mehrheit der wahlberechtigten wählt nur jene politiker welche die größten sozialleistungen versprechen. Da diese (dumme) mehrheit nicht nur dumm, sondern auch nettoempfänger (im gegensatz zu den wenigen, klugen nettozahlern) der staatlichen gelder ist, wählt sie die demokratie damit zusehends in die unausweichliche pleite. Hier, so Ortner komme die demokratie an ihre grenze. Das „Betriebssystem“ demokratie könne nur funktionieren, wenn „die Verblödung der Mehrheit ein bestimmtes Ausmaß nicht überschreitet“.
Was Ortner leider schuldig bleibt, wäre ein beleg für seine implizite behauptung, dass die mehrheit der wähler nicht nur ungebildet und doof, sondern auch „leistungsfeindlich“ ist. Der schluß, dass die mehrheit der bevölkerung auf niedrigem lohnniveau erwerbstätig ist und daher faul und arbeitsunwillig ist, ist nirgends begründet.
Der oft zitierten zusammengehörigkeit der begriffe Freiheit und Demokratie kann Ortner so gar nichts abgewinnen. Freiheit bedeutet für Ihn offenbar nur wenig (oder keine) steuern zahlen zu müssen. Vergiss meinungs- oder pressefreiheit, religionsfreiheit, eigener lebensentwurf, freie partnerwahl, selbstbestimmung ... schnickschnack! An der abgabenquote ist laut Ortner das wahre ausmaß der freiheit abzulesen!
Als leuchtende gegenbeispiele zu den darniederliegenden systemen in europa nennt Ortner länder wie China, Oman, u.a. Hier sei mitunter kometenhaftes wirtschaftswachstum zu vermerken, ohne demokratie. Die bettelarmen chinesen zb sind völlig undemokratisch zu einigem wohlstand gekommen. Dass der chinesische wohlstand keine mehrheit der bevölkerung, sondern lediglich eine kleine reiche oberschicht erreicht, vergisst Ortner dazu zu sagen. Auch die faktoren, auf deren kosten das wirtschaftswachstum erzielt wurde - Gesundheit, Soziale sicherheit, Ökologie!, Arbeitsrecht usw. - werden mit keinem wort erwähnt.
Zum ende des buches wird’s dann allerdings richtig haarsträubend. Als schlussfolgerung aus dem beschriebenen befund und zur rettung der demokratie schlägt der autor vor – eh klar, die staatlichen leistungen radikal zu kürzen, und den staat zu verschlanken sprich von aufgaben zu befreien. Und welche staatliche aufgabe ist es, die Ortner da als erste (und einzige) einfällt? Das schulwesen! Das schulwesen soll privatisiert werden, damit der staat zum einen die ausgaben spart und andererseits das schulwesen der politischen einflußnahme (und damit der einflußnahme der doofen wähler) entzogen ist ! Nachdem der autor sich 80 seiten lang, teilweise sehr humorig darüber verbreitert, dass die mehrheit der wählerschaft zu doof ist auch nur die einfachsten (politischen) zusammenhänge zu verstehen, endet er nicht mit einer radikalen idee der bildungsreform, gerät das buch nicht zum flammenden appell für mehr und bessere bildung um aus Kevin und Jessica mündige wähler zu machen, nein, das schulsystem soll privatisiert und zum „Produkt“ schule werden (welches sich dann aber wahrscheinlich nur noch die „leistungstragende Minderheit“ wird leisten können) – that’s it!
Gegen ende des buches liebäugelt Ortner noch mit dem vorschlag des ökonomen August von Hayek wonach es wohl besser wäre, „alle Staatsbediensteten und Empfänger von öffentlichen Unterstützungen vom Wahlrecht auszuschliessen“. Abgesehen davon, dass diese idee wohl politisch nicht durchsetzbar wäre, fällt Ortner nichts dagegen zu sagen ein.
Und damit ist wohl auch die eigentliche meinung des Autors offenbart und es wird durchsichtig, für welche tendenz und gedankliche stoßrichtung Ortners buch ausdruck ist: eine kleine Minderheit selbsternannter „Leistungsträger“ erklärt den rest der gesellschaft rundheraus zu sozialschmarotzern und leitet daraus die berechtigung für diktatorische Maßnahmen ab. Ob das unsere unausweichliche zukunft ist?
(prolokratie
von Christian Ortner
erschienen bei edition a)
brogdingnagg - 31. Jan, 13:21